Bitcoin Theorie

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Anonymität und Bitcoin

Anonyme Wege

Die Problematik des Bitcoin-Systems besteht darin, dass jede Transaktion permanent in der Blockchain gespeichert wird und deshalb Anonymität schwer zu erreichen ist. Daher stellt ein anonymes Betreten (also das Finden eines Einstiegspunktes, ohne dabei persönliche Daten hinterlegen zu müssen) des Bitcoin-Systems ein grundlegendes Problem für Anonymität dar.

Dazu gibt es im Bitcoin-System mehrere Wege, auf denen Bitcoins den Besitzer wechseln können: direkt, indem dem Handelspartner Bitcoins gesendet werden, über einen Treuhänder sowie über eine dafür erstellte Adresse oder einen dafür erstellten Account bei einer der Handelsseiten. Dazu werden dem Handelspartner die Zugangsdaten, die öffentliche Adresse und der private Schlüssel oder die Wallet.dat gegeben, was den umständlichsten und unpraktikabelsten Weg darstellt. Die Wallet.dat ist die Datei, welche die öffentlichen Adressen und privaten Schlüssel der eigenen Bitcoins verwaltet.

Handelsseiten wie Mt.Gox oder bitcoin.de haben dabei den Vorteil, dass sie als Treuhänder zwischen die Transaktionspartner geschaltet sind und sich dadurch das Risiko der Vertragsparteien auf Verlust ihrer Überweisung verringert. Außerdem wird beispielsweise auf bitcoin.de ein Spektrum an Handelspartnern geboten. So besteht die Möglichkeit, nach einem Bewertungssystem den Vertragspartner zu bestimmen bzw. nach einem vollständig identifizierten Vertragspartner zu suchen. Diese Identifikation wird z. B. in Deutschland mithilfe des Postident-Verfahrens durchgeführt. Ohne diese Identifikation kann auf bitcoin.de pro Account und Jahr nur eine Summe von 2.500 € gehandelt werden, wobei zusätzlich ein Bankkonto benötigt wird.33

Eine Bitcoin-Adresse an sich ist pseudonym, da sie von jedem Nutzer generiert werden kann. Es gibt verschiedene Methoden, innerhalb des Bitcoin-Systems anonym zu bleiben. Hierzu gehören Mixkaskaden verbunden mit Mixing-services, das TORSystem34, Bitcoin-Qt oder die sich noch in Entwicklung befindende Dark Wallet35.

Zusätzlich kann jeder selbst überprüfen, ob sein Adressen-Netzwerk eine ausreichende Anonymität bietet, indem er mithilfe eines Blockchain-Explorers wie blockchain.info analysiert, ob er sich selbst identifizieren kann. Ein interessantes Beispiel stellt Dread Pirate Roberts36 dar: es handelt sich um ein Synonym, das von Ross Ulbricht verwendet wurde, um den größten Online-Drogenmarkt „The Silk Road“ zu betreiben. Der Markt wurde 2013 durch das FBI geschlossen. Dieses beschlagnahmte nach eigenen Angaben dabei 144.000 BTC. Eine Bitcoin-Adresse, die sich DPR Seized Coins nennt, weist eine Summe von rund 144.000 BTC auf.37 Mithilfe der von blockchain.info bereitgestellten Taint-Analysis38 kann eingesehen werden, von welchen Absender-Adressen diese Bitcoins gekommen sind und an welche Empfänger-Adressen Bitcoins gesendet wurden. Obwohl das Bitcoin-Vermögen von Dread Pirate Roberts nach Angaben des FBI beschlagnahmt wurde, ist unsicher, ob dessen komplettes Vermögen beschlagnahmt wurde bzw. es nicht mehrere Nutzer dieser virtuellen Identität gab.39 Die Adresse des beschlagnahmten Vermögens führt die Liste der reichsten Bitcoin-Adressen an, es gibt allerdings noch viele weitere Adressen, die große Summen an Bitcoins verwalten.40

Reid und Harrigan schlussfolgern, dass durch die Vernetzung von Adressen, ihrem jeweiligen Einsatz und Nutzerprofilen von Bitcoin-Serviceanbietern (beispielsweise Mt.Gox) viele Adressen identifiziert werden können.41 Eine Studie von Androulaki et al. konnte 40 % der Bitcoin-Nutzer in einem universitären Kontext identifizieren.42 Meiklejohn et al. konnten in ihrer Studie mit einer Heuristik einige Bitcoin-Diebe durch die Blockchain bis zu großen Handelsbörsen verfolgen.43

Eine Vernetzung von Adressen innerhalb der Blockchain kann verhindert werden, indem ein direkter Tausch des Bitcoins gegen Geld erfolgt. Dies kann mithilfe geeigneter Angebote von Nutzern auf Webseiten wie localbitcoins.com oder bitcoinotc.com geschehen, jedoch kann der Verkäufer die Bitcoins dem Käufer auch auf eine von diesem neu erstellte Bitcoin-Adresse senden. Dies hat den Vorteil, dass der Käufer sich sicher sein kann, dass der Verkäufer die öffentliche Adresse und den privaten Schlüssel nicht kopiert hat, um selbst nach der Veräußerung noch Zugriff auf diese Bitcoins zu haben.

Daher kann gesagt werden, dass das Bitcoin-System an sich pseudonym nutzbar ist, jedoch erhebliche Vorsicht bei der Vernetzung der Adressen untereinander und der Verknüpfung mit persönlichen Informationen notwendig ist. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass der Protagonist Bitcoins nur nutzt, um Kapital- oder Steuerflucht zu begehen und ein risikoaverser und rationaler Spieler ist, da andernfalls ein Fehler permanent in der Blockchain öffentlich dokumentiert wäre. Unter dieser Annahme entfällt die Option, eine bereits bestehende Bitcoin-Wallet mithilfe von zentralen oder dezentralen Mixern zu anonymisieren. Zentrale Mixer entfallen, da sie Vertrauen zum Mixerservice benötigen und dieser meist keine zuverlässige Anonymisierung bietet, was sich auch darin zeigt, dass oft die gesendeten Bitcoins ganz oder teilweise gestohlen werden.44 Die Entwicklung dezentraler MixerSysteme (beispielsweise der Dark Wallet) ist bisher noch nicht weit genug fortgeschritten.45 Jedoch gibt es mit dem CoinJoin-Verfahren46 interessante programmiertechnische Ansätze. Sollte dieses Verfahren nutzerfreundlich in eine Wallet integriert und dies nicht regulativ verhindert werden, können Überwachung und Netzwerkanalyse in der Blockchain enorm erschwert werden.47 Hierzu sollte auf neue Entwicklungen am Rande des Bitcoin-Systems durch den Staat geachtet werden, welche auf die Bitcoin-Software und deren Funktionsweise als Protokoll-Schicht aufbauen und alternative Schichten hinzufügen. Diese bieten jeweils gewisse Vorzüge, um neue, alternative Coins zu schaffen, sogenannte Altcoins. Diese Altcoins basieren meist auf den im Kapitel Exkurs „Die Vertrauensgrundlage digitaler Währungen“ beschriebenen Lösungen. Die zwei interessantesten Altcoins für diese Arbeit sind der Litecoin48, der schnelle Transaktionen ermöglichen soll, und der Zerocoin49, der Transaktionen anonymisieren soll. Viele Altcoins können auf verschiedenen

Handelsplattformen gegen Bitcoins getauscht werden, dadurch ist ein anonymer Einstiegspunkt in einen Altcoin auch ein anonymer Einstiegspunkt in das BitcoinSystem. Deshalb sollten auf alternative digitale Währungen dieselben Regulierungen wie auf das Bitcoin-System angewandt werden, da nahezu alle dieselbe funktionsrelevante Basis haben.

Die Vertrauensgrundlage digitaler Währungen trotz Anonymität

Bitcoin hat als erste Online-Währung einen vertrauenswürdigen Mittler als zentrale Instanz entbehrlich gemacht. Diese Instanz wurde zuvor benötigt, damit die digitale Währung nicht einfach kopiert werden kann, da jede digitale Währung letztendlich nur aus gespeicherten Dateien besteht, die verändert und dupliziert werden können. Das bedeutet, dass eine Geldmenge einer Online-Währung beliebig erhöht werden kann. Dies generiert im Einzelfall Geld, führt jedoch zu einer drastischen Geldentwertung. Ein damit verbundenes Problem wird „Byzantine Generals Problem“50 genannt. Dieses Problem beschäftigt sich damit, den richtigen Schlachtplan an eine bekannte Anzahl Generäle zu verteilen, ohne dabei zu wissen, welcher General ein Verräter ist und dementsprechend den richtigen Schlachtplan sabotieren wird.

Diese Probleme wurden im Bitcoin-System durch die Blockchain und die darin vergebenen Hash-Werte gelöst.51 Diese Hash-Werte werden in Blocks vermerkt, ein Block besteht aus einer Sammlung aller neu getätigten Transaktionen, dem Hash-Wert des vorherigen gültigen Blocks und eines schwierig zu findenden proof-of-work. Anhand der Schwierigkeit der Berechnung des proof-of-work kann die Anzahl der generierten Bitcoins pro Stunde gesteuert werden. Diese wird so gesetzt, dass eine durchschnittlich gleiche Anzahl an Bitcoins pro Stunde entsteht.52 Das bedeutet, dass ohne ein öffentliches Transaktionsverzeichnis wie die Blockchain, eine andere Lösung für das Problem der Kopierbarkeit und des Byzantine Generals Problems gefunden werden müsste, um eine funktionierende digitale Währung zu erschaffen.

Diese Lösung des Problems hat leider den systemimmanenten Nachteil, dass alle Transaktionen permanent und öffentlich einsehbar und auswertbar sind.